Zum Forschungsprojekt "Dokumentation alter Volkskultur im Dialekt"

Am Institut für Slawistik der Universität Klagenfurt läuft seit 1994 ein dialektologisch-ethnologisches Filmprojekt mit dem Titel "Dokumentation alter Volkskultur im Dialekt", das die Sprache zweisprachiger Dialektsprecher aus dem südlichen Kärnten auf Video festhält und Dokumentarfilme produziert. Im Mittelpunkt des Interesses steht die audiovisuelle Dialektologie. Es handelt sich um ein Teilprojekt des im Jahr 1984 von Univ.-Prof. Dr. Gerhard Neweklowsky initiierten Projekts mit dem Titel "Erforschung der slowenischen Dialekte in Kärnten", dessen Leitung 1994 von der Dialektforscherin Dr. Herta Maurer-Lausegger übernommen wurde. Die audiovisuelle Dokumentation wird in Kooperation mit dem dem Klagenfurter Filmunternehmen Artis Filmproduktions-GesmbH. (seit 1998) sowie dem Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft der Universität Klagenfurt durchgeführt.

Seit November 1998 bildet die systematische Videoaufzeichnung sachkundlicher Fachbezeichnugen aus der bäuerlichen Welt einen besonderen Schwerpunkt. Im Mittelpunkt des Interesses steht spontan gesprochene Mundart in simuliert natürlicher Sprechsituation. Erfahrungs- und Erlebnisberichte aus dem handwerklich geprägten bäuerlichen Alltag werden in Form von Dialogen und Gruppengesprächen, aber auch als Einzelaufnahmen auf Video festgehalten.

Videofilme und Textbeilagen

Die bislang zu Filmeinheiten verarbeiteten Videoaufnahmen konzentrieren sich auf folgende Fachbereiche: Wassermühlen und Sägen, Schafzucht, Bauerngerät für den Ackerbau, Schlitten und Holzabtransport mit dem Bockschlitten, Brotbacken in der Rauchküche und anderes. Aus diesen Themenkomplexen sind bereits sechs slowenische, sechs deutsche sowie ein englischer Videofilm hervorgegangen, die zusammen mit begleitenden Textbeilagen im Rahmen einer eigenen Projektserie mit dem Titel "Dialektdokumentationen – Nareène dokumentacije" beim Hermagoras Verlag in Klagenfurt erschienen sind. Die deutschen Versionen der Dokumentarfilme liegen entweder in Originalversion oder in synchronisierter Bearbeitung vor. Die englische Version der Videos über das Brotbacken in der Rauchküche ist mit Untertiteln versehen.

Die mit alten Fotos illustrierten Begleithefte enthalten den jeweiligen Filmtext in phonologischer Transkription und in deutscher Übersetzung bzw. in Übertragung in das standardisierte Slowenisch und stellen zudem ausführliche Daten zur Entstehungsgeschichte der einzelnen Filmeinheiten bereit.

Audiovisuelle Terminologie- und Sachgüterdokumentation aus der kontextuellen Sachforschungsperspektive: Ein neuer methodischer Forschungszugang

Mehrere, im eigenen Heimatort Bodental/Poden (Stadtgemeinde Ferlach/Borovlje) selbst arrangierte ethnographische Ausstellungen zum Thema "Altes Bauerngerät" veranlaßten mich, das audiovisuelle dialektologische Dokumentationsverfahren im Rahmen des Projekts auf die Terminologie- und Sachkulturforschung auszuweiten. Sachkundliche Fachbereiche werden unmittelbar im Handlungskontext der zu beschreibenden Objekte unter Einsatz der Videokamera dokumentiert. Wir verfolgen das Ziel, ethnographischen Sachverhalt und Dialekttext synchron und gleichzeitig auch in maximaler Authentizität zu erfassen. Zur Realisierung dieses anspruchsvollen Forschungsvorhabens, das einen außerordentlich guten Akteur/Dialektsprecher und eine geschickte Kameraführung erfordert, wurde das Klagenfurter Filmproduktionsunternehmen ARTIS als Kooperationspartner herangezogen. Aus dieser Zusammenarbeit sind bereits drei ethnographische Filmprojekte hervorgegangen, die altes bäuerliches Arbeitsgerät zum Gegenstand haben:

- Bauerngerät von Kärntner Dachböden  (1999; Laufzeit: 30 Min.),
- Über Schlitten ...  (1999, 2000; Laufzeit: 47 Min.) und
- Brot aus der Rauchküche  (1999, 2000; Laufzeit: 25 Min.).

Finanzierung des Projekts

Das Filmprojekt wird von der Forschungskommission der Universität Klagenfurt, dem Land Kärnten und private Sponsoren finanziell unterstützt. Durch den Verkauf der Dokumentarfilme und Textbeilagen werden Drittmittel eingenommen, die eine unterstützende Existenzgrundlage für das Projekt darstellen.

Ziele der Dialektdokumentation

Das zentrale Anliegen des Forschungsprojekts ist die Aufzeichnung und Erforschung der im südlichen Kärnten vertretenen Dialekte und Mundarten in ihrer außerordentlichen Vielfalt. Gleichzeitig wird wertvolles Kulturgut vor dem völligen Verschwinden bewahrt und für die Nachwelt festgehalten. Längerfristig wird im Rahmen des Projekts die Erfassung weiterer sachkundlicher Bereiche, aber auch anderer Textsorten angestebt, die sprach- und kulturwissenschaftlichen Disziplinen als Forschungsgrundlage dienen können.

Die Dokumentarfilme gelangen im Rahmen öffentlicher Veranstaltungen zum Einsatz: bei wissenschaftlichen Veranstaltungen im universitären Bereich (Dialektologie), bei Seminaren, Exkursionen und schulischen Veranstaltungen sowie Kulturveranstaltungen. Für die Filme interessieren sich Fachleute - Dialektologen, Ethnologen und sonstige Kulturwissenschaftler, sie finden aber auch bei Vertretern anderer Disziplinen sowie in sämtlichen volks- und kulturkundlich interessierten Berufsschichten ihre Ansprechspartner. Die Filmautorin sorgt ferner auch für Filmpräsentationen im Rahmen ethnographischer Ausstellungen (innerhalb des  regionalen Tourismusangebots) und die Gestaltung von Rahmenprogrammen für diverse Anlässe.